Franziska Selig

Franziska Selig wurde am 1. September 1874 in Bischofsheim geboren. Sie war das jüngste der fünf Kinder von Seligmann Selig III. und Hannchen Wolf und Schwester von Siegmund Selig.

Bis zum 19. Mai 1939 lebte sie in dem Haus der Familie in der Frankfurter Straße 9. Sie war ledig und führte zeitweise den Haushalt ihres Bruders. Möglicherweise aus Altersgründen, sie war zu dem damaligen Zeitpunkt bereits 65 Jahre alt, schloss sie sich nicht der Flucht ihres Bruders nach Südafrika an. Wie viele andere alleinstehende Menschen aus dem Umland von Mainz zog sie sehr wahrscheinlich gezwungenermaßen am 19. Mai 1939 in das jüdische Altersheim in Mainz in der Breidenbacherstraße 25.

Wie aus unterschiedlichen Quellen hervorgeht, war dies eines der vielen sogenannten „Judenhäuser“ in Mainz. Die jüdische Bevölkerung wurde entweder gezwungen, aus dem eigenen Haus in ein „Judenhaus“ umzuziehen, oder sie mussten in ihrem eigenen Haus andere jüdische Familien aufnehmen. In diesen Unterkünften lebten die Menschen auf engstem Raum zusammen. In der Breidenbacherstraße 25 wohnten zeitweise mindestens 122 Personen.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der „Judenhäuser“ in Mainz wurden fast alle im März und September 1942 sowie im Februar 1943 nach Polen oder Theresienstadt deportiert. Insgesamt betraf das mehr als 3.000 Menschen. Entrechtung, Ausgrenzung und Beraubung gingen dieser „Umsiedlung“ in die Durchgangs- und Vernichtungs voraus, wie diese barbarische Aktion zynischerweise bezeichnet wurde. 

Dieses Schicksal traf auch Franziska Selig. Mit dem letzten von Mainz abgehenden Transport am 10. Februar 1943 wurde sie zunächst nach Darmstadt gebracht. „Sammelstelle“ war das jüdische Altersheim „Rosenthalsche Klinik“ in der Eschollbrücker Straße. Von dort aus wurde sie in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert - zusammen mit weiteren 52 jüdischen Menschen, von denen nur sechs den Holocaust überlebt haben. Am 16. Mai 1944 wurde sie gemeinsam mit 2.500 Frauen, Männern und Kindern in Viehwaggons weiter in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt. Angesichts der Übereinstimmung der Daten des Transportes und ihres Todes liegt die Vermutung nahe, dass sie direkt nach ihrer Ankunft vergast wurde. Von den 2.500 Menschen des Transportes Ea, Nr. 385 wurden insgesamt 2.460 ermordet.

(Elke Möller)