Zur Geschichte der Synagoge

Im frühen 19. Jahrhundert nutzte die jüdische Bischofsheimer Bevölkerung einen Raum im Obergeschoss des Wohnhauses der Witwe Selig in der Sackgasse 2 als Betraum.

Nach der Gründung einer eigenständigen Gemeinde bauten sie 1850/51 ein 1 1/2 stöckiges Gebäude in der Frankfurter Straße als Synagogen- und Schulgebäude. Es hatte eine Grundfläche von zunächst nur rund 35 m² und enthielt eine Mikwe. Hier erhielten die jüdischen Kinder ihren Religionsunterricht. In der straßenseitigen Zone befanden sich zwei hohe Rundbogenfenster und im Giebel war ein rundes Fenster angebracht. Später wurde noch eine Lehrerwohnung angebaut. Der Synagogenraum verfügte über 62 Sitzplätze. Darin befanden sich ein Thoraschrein mit Altaraufbau und zwei Leuchtern, ein kombiniertes Vorbeter- und Vorlesepult, eine marmorne Gedenktafel für die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges, ein Kronleuchter, zehn Seitenleuchter, ein Läufer, ein Schrank für Kultgeräte sowie ein Ofen. Von den beiden vorhandenen Thorarollen soll eine von 1703, die andere vielleicht noch aus dem 16. Jahrhundert gestammt haben.

Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre wurde etwa zehnmal im Jahr Gottesdienst gehalten. Der Rabbiner kam dafür aus Mainz. Dort besuchten die Kinder zu dieser Zeit den jüdischen Unterricht.

Am 11. November 1938 wurde die Synagoge für 4.000 Reichsmark an Katharina Schnabel verkauft, die aber bis Juni 1939 den Kaufpreis nicht entrichtet hatte. Allerdings annoncierte die Firma Friedrich Schnabel am 29. Juni 1939, dass das Gebäude nun endgültig und rechtmäßig in ihren Besitz übergegangen sei.

Trotzdem wurde die Synagoge in der Pogromnacht gewaltsam ausgeräumt, beschädigt und die Inneneinrichtung auf der Straße zerschlagen. Unbekannt ist, ob die Kultgegenstände zur Vorbereitung des Verkaufes noch rechtzeitig ausgelagert werden konnten. Nach der Schändung erhielt der örtliche Polizeiposten die Anweisung, das Anwesen samt Gebäude zu schützen, da es nun in „arischem” Besitz stand. Nach dem Zweiten Weltkrieg zahlte die Besitzerin im Zuge eines gerichtlichen Vergleiches 6.500 DM und legalisierte damit den Kauf. Das Gebäude ist heute nicht mehr als ehemalige Synagoge erkennbar. Ein Zusatz auf einem schräg gegenüberstehenden Straßenschild weist darauf hin.

(Wolfgang Fritzsche)